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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Eigenbedarfskündigung

Das Bundesverfassungsgericht hat am 09.05.2014 folgende Pressemitteilung veröffentlicht   Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen eine Eigenbedarfskündigung Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Räumungsurteil in Folge einer Eigenbedarfskündigung nicht zur Entscheidung angenommen. Es verletzt nicht das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter, dass das Berufungsgericht die Revision zum Bundesgerichtshof in diesem Verfahren nicht zugelassen hat. Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beschwerdeführerin mietete 1987 eine 57,48 qm große Wohnung in B., deren Eigentümer seit 1997 der Kläger des Ausgangsverfahrens ist. Er lebte bis zum Jahr 2008 ebenfalls in B. und verzog dann mit seiner Ehefrau und den vier gemeinsamen Kindern in eine andere Stadt. Der Kläger kündigte im Jahr 2010 das mit der Beschwerdeführerin bestehende Mietverhältnis - unter anderem - wegen Eigenbedarfs. Hinsichtlich des Eigenbedarfs führte er aus, er sei mit seiner Familie berufsbedingt umgezogen, habe in B. allerdings eine im Jahr 1999 geborene, nichteheliche Tochter, für die er gemeinsam mit der Kindesmutter das Umgangs- und Sorgerecht habe. Um dieses auszuüben, sei es erforderlich, dass er sich regelmäßig über mehrere Tage in B. aufhalte. Hierfür benötige er die an die Beschwerdeführerin vermietete Wohnung. Nachdem das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen hatte, wurde die Beschwerdeführerin in der Berufungsinstanz vom Landgericht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an den Kläger verurteilt. Die Revision hat das Landgericht nicht zugelassen. Wesentliche Erwägungen der Kammer: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, denn sie hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. a) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügt, fehlt es an einer ausreichenden Begründung der Verfassungsbeschwerde; insoweit ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. b) Daher kann nur die Nichtzulassung der Revision verfassungsrechtlich geprüft werden. Insoweit verletzt die angegriffene Entscheidung des Landgerichts die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. aa) Für eine willkürliche Nichtzulassung der Revision ist vorliegend nichts ersichtlich, insbesondere werden mit der Verfassungsbeschwerde keine diesbezüglichen Anhaltpunkte dargetan. bb) Zwar kommt eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch dann in Betracht, wenn die Entscheidung des Gerichts über die Nichtzulassung nicht näher begründet ist, obwohl die Zulassung des Rechtsmittels nahe gelegen hätte. Die Voraussetzungen eines solchen verfassungsrechtlich relevanten Begründungsdefizits sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die Nichtzulassung der Revision zwar nicht mit einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung versehen. Dies führt jedoch nicht zu einer Verfassungsverletzung, denn die Zulassung der Revision hat nicht im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung nahe gelegen. Insbesondere ergibt sich - selbst nach den Darlegungen der Verfassungsbeschwerde - keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Als in diesem Sinne klärungsbedürftig käme vorliegend allenfalls die Frage in Betracht, ob der bloße Wunsch des Eigentümers nach einer Zweitwohnung die Voraussetzungen des Eigenbedarfs erfüllen kann, oder ob umgekehrt die Annahme eines Eigenbedarfs bereits dann ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter bereits eine andere Wohnung besitzt und diese nicht aufgeben, sondern weiterhin nutzen will. Die Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt erscheint allerdings nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung der Fachgerichte nicht nahe liegend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht zwar allein der Wille des Vermieters, in den eigenen Räumen zu wohnen, für die Annahme von Eigenbedarf noch nicht aus. Ausreichend sind jedoch vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraumes. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift sei - so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - zu entnehmen, dass dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur unter der Voraussetzung zustehe, dass er oder eine begünstigte Person einen Mangel an Wohnraum habe oder der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen Lage befinde. Eine zusätzliche Beschränkung der Eigenbedarfskündigung - etwa die Forderung nach der Begründung des Lebensmittelpunktes - lässt sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen. Beschluss vom 23. April 2014 1 BvR 2851/13 

Auswirkungen der Entscheidungen in der Praxis:

1. Der Fall wurde in der Presse unter dem Titel “Verfassungsgericht schwächt Mieterrechte” kontrovers diskutiert, obwohl es sich in erster

Hinsicht um eine prozessrechtliche Fragestellung handelt. Nämlich darum, ob das Landgericht eine Revision gegen sein Urteil hätte zulassen

müssen. Zumindest das Amtsgericht hatte ja einen Räumungsanspruch verneint.

2. Eine Schwächung der Mieterrechte kann aus diesseitiger Sicht in dem Beschluss des Bundesverfasungsgerichts nicht gesehen werden, den letztlich sagt er nur aus, dass sich das Urteil des Langerichtes im Rahmen der bereits bestehenden ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bewegt. Darüber hinaus führt das BVerfG aus, dass noch nicht einmal eine grundlegende Bedeutung der Rechtssache durch die Verfassungsbeschwerde selbst vorgetragen wurde. Wird aber festgestellt, dass eine klärungsbedürftige, für viele weitere Verfahren bedeutende Rechtsfrage im konkreten Fall nicht vorliegt, kann auch von einer Schweächung der Mieterrechte nicht die Rede sein. 3. Nach dem vorgesagten, ließe sich hier letztlich mit der Feststellung schließen, dass es Auswirkungen auf die praxis durch diesen beschluss möglicherweise gar nicht gibt. Er gibt aber die Möglichkeit, zu den Fragen des Eigenbedarfs kurz einige Anmerlungen zu machen. a) Eigenbedarf setzt eine angestrebte Nutzung für sich oder einen nahen Angehörigen voraus. Dies ist in den Instanzgerichten in vorliegendem Fall seitens des Vermieters vorgetragen und offesichtlich zur Zufriedenheit des Landgerichtes auch unter Beweis gestellt. b) Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Wohnung zur Erhaltung familiärer Bindungen zu einem Kind genutzt werden sollen, liegt eine angestrebte Eigennutzung, so sie denn entsprechend durchgeführt wird, tatsächlich vor. Es würde die Anforderungen an den Eigenbedarf überspannen, wenn der Eigentümer im Falle der angestrebten Eigennutzung als Zweitwohnsitz zunächst auf andere Lösungen (z.B. Hotel o.ä.) verwiesen würde. Könnte man bei rein beruflicher Nowendigkeit hierüber noch einen Moment nachdenken, ist es in vorliegendem Fall geradezu abwegig, da dem Kläger dadurch die Möglichkeit genommen würde, seinem Kind für die Zeit des Umgangs, welcher sich hier ja auch über mehrere Tage pro Besuch erstrecken soll, in der streitgegenständlichen Wohnung einen eigenen Bereich einzurichten. Insbsondere gehört zu einer solchen gemeinsamen Sorge auch, dass das Kind die Möglichkeit hat, beim anderen Elternteil zu übernachten. Dies auf ein Hotel abzuwälzen, erscheint wenig angemessen und es ist daher wenig überraschend, dass das Landgericht in der angestrebten Nutzung den von der Rechtsprechung geforderten vernünftigen und nachvollziehbaren Grund gesehen hat. 4. Für Mieter ist in einer solchen Lage natürlich immer die Frage, ob ein solcher Eigenbedarf tatsächlich vorliegt oder dieser vorgeschoben ist. Hier gelten aber auch weiterhin die bekannten Regeln. Hier wurde seitens des Landegrichts und auch des Bundesverfassungsgerichts nichts außer Kraft gesetzt. es muss also stets gründlich geprüft werden, ob die genannten Gründe tatsächlich vorliegen und wenn hier Zweifel bestehen, entprechend nachgebohrt werden.
Entscheidung der Woche
Andreas Hofreiter Rechtsanwalt